Brillenfassung: Vom Mittel zum Zweck zum Hingucker
Während das Brillenglas der nahezu unsichtbare Teil des Systems Brille ist, ist die Brillenfassung derjenige Teil, der die Brille zu einem greif- und sichtbaren Produkt macht. Fassung ist dabei ganz wörtlich zu verstehen. Denn letztlich "fasst" die Fassung die Gläser ein. Und auch wenn die Fassung damit letztlich nur "Mittel zum Zweck" ist, ist sie es, die dem Träger aufgrund ihrer Form, ihres Materials oder ihrer Herstellungsweise Individualität verleiht.
Formen von Brillenfassungen
Brillenfassungen gibt es in unzähligen Formen und Farben: Modisch, schlicht, extravagant, knallig, bunt, zurückhaltend, edel. Das "Kassengestell" hat schon seit vielen Jahren ausgedient. Obwohl das nicht ganz zutreffend ist. Denn der 80er-Charme jenes "Kassengestells" feiert in Zeiten der Retromanie immer wieder ein Comeback. Die Bandbreite an Fassungsformen ist vielfältig. Grundsätzlich werden sechs Brillenformen unterschieden: rund, oval, Panto, Pilot, Karree und Butterfly. Ausgefallenere Fassungsformen wie Wayfarer, Oversized oder Clubmaster setzen Akzente.
„Panto“ ist eine Abkürzung für „pantoskopisch“ und steht für ein möglichst breites Blickfeld. Entsprechend zeichnen sich Fassungen im Panto-Stil durch markant breite Gläser und hoch anliegende Bügel aus. Dazu sind sie unten rund und oben oval abgeflacht und haben einen markanten Nasensteg sowie schmale Bügel.
Brillen in Pilot- oder auch Aviatorform zeichnen sich durch ihre besondere Form aus: Der obere Fassungsrand ist gerade, während der untere Rand tropfenförmig geschwungen ist. Die Piloten-Sonnenbrille kam ursprünglich im amerikanischen Militär zum Einsatz.
Eine weit verbreitete, eckige Fassungsform ist Karree. Gerade Außenlinien und breite Kanten betonen das eher strenge Design.
Seit den 50er Jahren gelten Cateye- oder Butterfly-Fassungen als besonders weiblich und elegant. Typisch für die Brillen in Schmetterlingsform sind die markanten äußeren Spitzen am oberen Fassungsrand und die schräg von oben nach unten verlaufende Seitenpartie. Der obere Fassungsrand wird oftmals betont.
Materialien von Brillenfassungen
Das Material spielt eine entscheidende Rolle für die Haltbarkeit und den Tragekomfort. Die ersten Brillenfassungen wurden aus Horn hergestellt, auch Schildpatt oder andere tierische Produkte kamen zum Einsatz. Heute greifen Hersteller bei der Produktion von Brillenfassungen auf eine Vielzahl von Materialien zurück. Besonders häufig werden Kunststoff, Edelstahl und Titan verwendet, auch Materialmixe sind weit verbreitet.
Eines der meistverwendeten Materialien bei der Brillenproduktion ist Acetat. Es wird aus Zellulose, einem organischen Faserstoff, gewonnen. Ausgangsmaterial für die Gewinnung von Acetat ist Baumwolle, welche für die Brillenproduktion getrocknet, zu Zellulosepulver vermahlen, mit Essigsäure versetzt, gefärbt, gemustert und abschließend zu festem Plattenmaterial verarbeitet wird. Aus diesen Acetat-Platten wird dann die Brillenfassung geschnitten bzw. gefräst oder im Spritzgussverfahren geformt.
Edelstahl wird gerne aufgrund seiner hohen Zugfestigkeit, Verformbarkeit, Korrosionsbeständigkeit und guten Hautverträglichkeit als Fassungswerkstoff eingesetzt. Das Metall lässt sich gut polieren und in unterschiedlichen Farben beschichten.
Titan zeichnet sich durch seine hohe Dehnbarkeit sowie Korrosionsbeständigkeit aus und zählt zu den leichtesten Metallarten. Entsprechend wird Titan oft für sehr dünne Brillenfassungen verwendet. Aufgrund der aufwendigen Herstellung und Weiterverarbeitung sind Titanfassungen teurer als andere Metallbrillen.
Nachhaltige Brillenfassungen
Ein Thema, das längst auch die Augenoptikbranche erreicht hat ist zudem die Nachhaltigkeit in Beschaffung, Herstellung und Vertrieb. Das spiegelt sich zunehemend auch in den Fassungskollektionen und dabei insbesondere in den verwendeten Materialien wieder.
Im Hinblick auf das zunehmende Bewusstsein für Nachhaltigkeit konzentrieren sich immer mehr Fassungshersteller auf wiederverwertbare und pflanzliche Stoffe. Die Brillenfassungen werden beispielsweise aus Meereskunststoff hergestellt, dafür wird der Abfall zu einem wiederverwendbaren Rohstoff in Form von Pellets recycelt. So besteht unter anderem die Kollektion von Sea2see aus recycelten Plastikabfällen, die aus den Ozeanen gefischt werden.
3D-Drucker ermöglichen mit vergleichsweise wenig Aufwand die Herstellung von maßgefertigten Brillenfassungen. Als geeignetes Druckmaterial hat sich Polyamid bewährt, wobei dieser Kunststoff als feines Pulver für den 3D-Druck verwendet wird. Der Konstanzer Hersteller You Mawo setzt beispielsweise auf 3D-gedruckte Fassungen mittels Selektivem Lasersintering (SLS). SLS ist eine weiterentwickelte 3D-Drucktechnologie, die die Fertigung hochkomplexer Strukturen ohne Werkzeuge ermöglicht. Hierbei schießt ein Hochpräzisionslaser auf ein spezielles, weißes Polyamid-Pulver, das an den Stellen aushärtet, wo der Laser „getroffen“ hat. Das überschüssige Pulver kann anschließend für weitere Brillenfassungen verwendet werden.
Brillenfassungen aus Holz, Stein, Naturhorn oder auf Pflanzenbasis – auch Naturstoffe werden bei der Brillenproduktion vermehrt eingesetzt. Holzbrillen werden von den führenden Produzenten aus einer Funierplatte mit bis zu 13 Lagen Holz hergestellt. Gängige Holzarten sind Ahorn, Eiche, Nussholz, Pflaume und Kirsche. Das Fertigungsverfahren von Steinbrillen ähnelt dem der Holzbrillen. Bei Fassungen aus Naturhorn greifen Unternehmen wie beispielsweise Hoffmann Natural Eyewear auf das Horn des asiatischen Wasserbüffels zurück. Es handelt sich um ein allergiefreies Naturmaterial und zeichnet sich wie Holz- und Steinbrillen durch seine Leichtigkeit aus. Weiter stellt die Österreichische Brillenmanufaktur Rolf Spectacles seit 2020 Fassungen auf Pflanzenbasis her. Das Material der Bohnenbrille wird aus dem Pulver der Rizinuspflanze gewonnen.